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Welche Folgen zu milde Gerichtsurteile in Nordrhein-Westfalen haben können, zeigt sich am Fall eines jungen Asylbewerbers aus Marokko, der im Januar nach seiner Verurteilung wegen Diebstahls in Aachen auf freien Fuß kam, weil er seine Strafe – ein einwöchiger Arrest – bereits mit der Untersuchungshaft verbüßt hatte. Kurz darauf, am 23. Januar, wurde er erneut straffällig, zudem identifizierte ihn eine Woche später ein Opfer der sexuellen Übergriffe in der Kölner Silvesternacht als Täter. Als er aber verhaftet werden sollte, war er verschwunden, hatte sich offenbar ins Ausland abgesetzt.

CDU-Innenexperte Gregor Golland erkundigte sich nach den Hintergründen des unglaublichen Vorfalls. Was NRW-Justizminister Thomas Kutschaty dem Landtagsabgeordneten antwortet, zeigt einmal mehr, dass bei der Justiz in NRW einiges im Argen liegt.

So kam der Beschuldigte einer Vorladung zu einer Vernehmung am 5. Februar 2016, bei der es um den erneuten Diebstahl gehen sollte, nicht nach. Man überprüfte seinen Aufenthalt daraufhin aber offensichtlich nicht. Erst fünf Tage später erließ das Amtsgericht Köln Haftbefehl aufgrund der Identifizierung durch das Opfer der sexuellen Belästigung. Noch einmal zwei Tage später, nachdem die Akte bei der Staatsanwaltschaft Köln eingegangen war, wurde der Mann zur Festnahme ausgeschrieben.

Warum aber dauerte es bis dahin beinahe zwei Wochen? Kutschatys Begründung: Es war geplant, die Wohnungen von vier Mitbeschuldigten zu durchsuchen. Der Erfolg dieser Maßnahme wäre gefährdet worden, hätte man den Marokkaner vorher festgenommen.

„Dann hätte man den Täter zumindest überwachen müssen“, moniert Golland. „Wenn man ihm Zeit genug lässt, sich unbemerkt abzusetzen, muss man sich über weitere Fälle dieser Art nicht wundern.“

Im Übrigen mag Kutschaty nicht kommentieren, ob das Strafmaß für den Diebstahl vielleicht zu lasch war. Entscheidungen von Richtern zu bewerten, stehe der Landesregierung nicht zu. Auch die Frage, wie die Landesregierung künftig verhindern will, dass sich verurteilte Asylbewerber ins Ausland absetzen, beantwortet Kutschaty nicht, sondern verweist auf die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaften.

„Der Justizminister schiebt die Verantwortung für die Dinge, die in seinem Aufgabengebiet falsch laufen, einfach von sich. Da macht er es sich sehr einfach“, betont der Abgeordnete. „Wichtig ist vor allem, dass man eine bessere Zusammenarbeit zwischen Justiz und Ausländerbehörden forciert.“

Weitere Informationen: Antwort der Landesregierung (Drucksache 16/11585)