Polizeibeamte in Nordrhein-Westfalen sind möglicherweise nicht ausreichend vor Beschuss mit so genannten Hartkerngeschossen aus Langwaffen geschützt. Das ergibt sich aus der Antwort der Landesregierung auf eine parlamentarische Kleine Anfrage des CDU-Landtagsabgeordneten Gregor Golland.
Vor dem Hintergrund eines Erlasses der Wuppertaler Polizeipräsidentin, die das Tragen der Dienstwaffe im Innendienst angeordnet hatte, fragte Golland nach einheitlichen Regelungen für das Tragen von Schutzweste und Dienstwaffe in allen Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen.
Leider wurde die Anfrage zum großen Teil nicht beantwortet. Statt dessen verwies Innenminister Ralf Jäger auf einen Bericht seines Ministeriums (Vorlage 16/2677) zum Innenausschuss am 26.02.2015. In diesem steht, dass allen Beamten eine ballistische Unterziehschutzweste der Schutzklasse 1 zugewiesen ist. Zudem befinden sich in allen Funkstreifenwagen und Dienststellen Überziehschutzwesten der Schutzklasse 1. Diese ist definiert als „Durchschusshemmend gegen Weichkerngeschosse“ aus Pistolen mit dem Kaliber 9mm x 19. Zum Schutz vor Hartkerngeschossen aus Langwaffen bedürfe es der Schutzklasse 4.
Die jüngsten Terroranschläge in europäischen Nachbarländern haben gezeigt, dass Täter inzwischen über Schnellfeuergewehre verfügen. Zum Schutz davor bräuchte es mindestens die Schutzklasse 3. Daher fragte CDU-Innenexperte Golland zusätzlich nach, ob zwei Schutzwesten der Klasse 1 die gleiche Wirkung wie Schutzklasse 3 oder gar 4 entfalten.
Die Wirkungsweise des Schutzes sei nicht zertifiziert, teilt Innenminister Ralf Jäger dazu mit. Durch das Auftreffen eines Geschosses auf die äußere Weste werde die Energie zumindest reduziert, „idealerweise“ werde die „gesamte Geschossenergie“ verbraucht. Komme es doch zum Durchschuss, schütze die zweite Weste im Rahmen der Schutzklasse 1.
„Das ist sehr vage formuliert und lässt den Schluss zu, dass die Wirkung nicht der Schutzklasse 3 oder gar 4 entspricht“, bemängelt Golland. „Polizeibeamte im Wachdienst dürften somit nicht ausreichend geschützt sein.“
Die Sondereinsatzkommandos in Nordrhein-Westfalen sollen dagegen noch in diesem Jahr effektivere Schutzwesten bekommen, die auch Schnellfeuergewehrschüssen standhalten. Das geht aus dem genannten Bericht im Innenausschuss hervor.
„Leider ist es der Landesregierung offenbar nicht wichtig, dass alle unsere Polizisten ausreichend geschützt sind“, betont der CDU-Abgeordnete. „Das ist sehr bedauerlich, wenn man bedenkt, welchen hohen Einsatz sie tagtäglich für unsere Sicherheit leisten.“
Weitere Informationen:
Die Antwort der Landesregierung (Originalfassung vom 13.04.2015)