Über die aktuelle Situation und Zukunft der palliativmedizinischen Versorgung tauschten sich am 5. Februar 2025 Vertreter des Palliativteams SAPV Rhein-Erft – Bonn – Euskirchen mit Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, aus. An dem Gespräch in den Räumen des Palliativteams in Brühl nahmen auch Vertreter der Bundes-, Landes-, Kreis- und Kommunalpolitik teil – der Bundestagsabgeordnete Detlef Seif, die Landtagsabgeordneten Gregor Golland und Thomas Okos, Frank Rock als Landrat des Rhein-Erft-Kreises und der Brühler CDU-Bürgermeisterkandidat Marc Prokop.
Unter anderem ging es um die Struktur und Ziele der Palliativversorgung sowie um aktuelle Herausforderungen. Dr. Astrid Lueg von der Geschäftsführung des Palliativteams und Dr. Matthias Schlochtermeier als Mitglied des Teams standen den Gästen Rede und Antwort. Die beiden qualifizierten Palliativärzte wiesen darauf hin, dass immer noch 60 Prozent der palliativ versorgten Menschen in Krankenhäusern sterben, 40 Prozent zu Hause. Ziel sei es, diese Anteile umzukehren.
Die Mediziner stellten ihren Gästen zudem das fortschrittliche Softwaresystem vor, mit dessen Hilfe alle Kooperationspartner des Palliativteams Daten austauschen können. „Damit können wie bereits jetzt eine lückenlose Kommunikation umsetzen, wie man sie sich künftig einmal durch die elektronische Patientenakte wünscht“, erläuterte Schlochtermeier.
Minister Laumann hob das Palliativteam als herausragendes Beispiel für eine interdisziplinäre medizinische Zusammenarbeit hervor, die den Patientenwillen in den Vordergrund stelle und die palliative häusliche Versorgung sichere. Schlochtermeier und Lueg begrüßten es, dass sich der Christdemokrat deutlich für ärztlich geführte medizinische Unternehmen aussprach und gegen von Finanzinvestoren betriebene MVZ (medizinische Versorgungszentren). Die Forderung nach einer entsprechenden gesetzlichen Regelung solle auch in die Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl einfließen.
Alle Beteiligten begrüßten den informativen und konstruktiven Austausch in Brühl. Dabei wiesen Schlochtermeier und Lueg den aus Westfalen stammenden Minister auf einen Unterschied in der palliativen Versorgung in den Bereichen der KV Nordrhein und Westfalen-Lippe hin: In letzterem haben Ärztinnen und Ärzte eher eine beratende Funktion, während sie in Nordrhein – wozu auch das Rheinland gehört – die Versorgung zu Hause leiten und sicherstellen. „Es gibt da kein Besser oder Schlechter, wir wollten aber einmal die unterschiedliche Herangehensweise herausarbeiten“, so die Mediziner.
Die Gesprächspartner waren sich einig, dass die Palliativversorgung zentrale Bedeutung für die Bevölkerung hat, dass allerdings der seit 2007 gesetzlich garantierte Anspruch darauf noch viel zu wenig bekannt sei. „Wir wünschen uns, dass die zentrale Rufnummer des Palliativteams bei den Notfallnummern in der Tagespresse aufgeführt wird“, gaben die Ärzte ihren Gästen mit auf den Weg.
„Die ambulante Palliativversorgung ermöglicht eine würdevolle Betreuung zu Hause und entlastet die betroffenen Familien in einer emotional schwierigen Situation“, unterstrich Detlef Seif MdB. „Ich unterstütze den Ausbau dieser Versorgung.“
Auch Gregor Golland MdL und Thomas Okos MdL betonten: „Das Palliativteam leistet enorm wichtige Arbeit in unserer Region. Die betroffenen Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen werden bei Bedarf rund um die Uhr von einem multiprofessionellen Team auf vielfältige Weise unterstützt. Diese Leistung von Ärztinnen und Ärzten, Pflegerinnen und Pflegern, nicht zu vergessen von den zahlreichen Ehrenamtlichen der ambulanten Hospizvereine, sorgt oftmals dafür, dass unheilbar Kranke noch einmal mehr Lebensqualität und auch -erwartung bekommen können und dass Sterbende in ihren letzten Tagen nicht ins Krankenhaus müssen.“
Landrat Frank Rock nannte die Palliativversorgung „eine der zentralen Säulen einer menschenwürdigen Gesundheitsversorgung. Ziel muss es sein, schwerstkranken und sterbenden Menschen sowie ihren Angehörigen bestmögliche Unterstützung zu bieten – sowohl medizinisch als auch menschlich. Der Austausch mit Minister Laumann und den Expertinnen und Experten des Palliativteams hat erneut gezeigt, wie wichtig es ist, Strukturen weiterzuentwickeln und bekannt zu machen. Wir müssen alles daransetzen, dass Menschen, die am Ende ihres Lebens stehen, möglichst dort versorgt werden können, wo sie sich geborgen fühlen – im vertrauten Umfeld.“
Marc Prokop zeigte sich „stolz darauf, dass wir in Brühl und der Region so ein tolles Palliativteam haben, das dafür sorgt, dass Menschen zu Hause in Würde sterben können.“
Hintergrund:
Im Jahr 2012 erhielten acht niedergelassene Hausärzte mit der Zusatzweiterbildung Palliativmedizin gemeinsam mit der Caritas sowie den ambulanten Hospizvereinen des Rhein-Erft-Kreises die Zulassung des Landesverbandes der gesetzlichen Krankenkassen, die Versorgung sterbender und schwerstkranker Menschen in der häuslichen Umgebung im südlichen Rhein-Erft-Kreis sicherzustellen.
Inzwischen wurde das Versorgungsgebiet um den Kreis Euskirchen und den Kreis Bonn erweitert. Seit Beginn haben 27 Haus- und Fachärztinnen und -ärzte sowie 53 Krankenpfleger und Krankenschwestern über 5.000 Patienten und ihre Familien in der letzten Lebensphase begleitet. Die Betreuung erfolgte sowohl in der eigenen Wohnung oder im betreuten Wohnen als auch in stationären Pflegeeinrichtungen. Wohngemeinschaften mit Beatmungs- / Intensivpflege und Patienten in den Hospizen in Erftstadt und Euskirchen werden mitversorgt. Große Unterstützung und zentraler Bestandteil des Palliativteams sind die Ehrenamtlichen der ambulanten Hospizvereine.
Foto: Silviu Guiman